
John Ronald Reuel Tolkien [dʒɒn ˈɹɒnld ɹuːl ˈtɒlkiːn], CBE (* 3. Januar 1892 in Bloemfontein, Oranje-Freistaat, heutiges Südafrika; † 2. September 1973) war ein englischer Schriftsteller und Philologe. Mit seinem Roman Der Herr der Ringe (1954/55; dt. 1969/70), das eines der erfolgreichsten Bücher des 20. Jahrhunderts ist und als grundlegendes Werk der Fantasy-Literatur gilt, wurde er zu einem der prägendsten Autoren des Genres.
Tolkien, von 1925–1959 Professor für englische Literaturwissenschaft in Oxford, entwickelte seit seiner Jugend aus den von ihm konstruierten Sprachen heraus eine eigene Mythologie, die erst nach seinem Tod unter dem Titel Das Silmarillion (1977) von seinem Sohn Christopher Tolkien herausgegeben wurde. In dieser Welt spielen auch Der Hobbit, ein Kinderbuch, und Der Herr der Ringe. Seine sprach- und literaturwissenschaftlichen Beiträge wie der Essay Beowulf: The Monsters and the Critics gelten als wegweisend.
Name
Tolkien leitete seinen Nachnamen vom Adjektiv tollkühn (mhd. tol-küene) her. Der polnische Tolkien-Experte Ryszard Derdziński kam 2019 zu dem Schluss, dass der Name Tolkien aus dem Niederpreußischen komme und „Nachkomme von Tolk“ bedeute.[1][2] Eine andere vermutete Herkunft ist der ostpreußische Ortsname Tolkynen.[3]
Vorlieben und Hobbies
Tolkien entwickelte schon als Kind eine Liebe zu Sprachen und zur Malerei. In seinem ersten Skizzenbuch zeichnete er unter anderem Seesterne und Wasserpflanzen. In den Ferien zeichnete er Bäume, Landschaften und Gebäude. Einige seiner Werke wurden in Schmuckausgaben seiner Bücher verwendet oder dienten als Umschläge. Zu seinen Vorlieben gehörte auch die Kalligraphie, die er von Mabels Vater John Suffield geerbt hatte. Für formelle Anlässe bevorzugte er kalligrafische Schriften, und für seine Freunde hatte er jeweils eine eigene Handschrift.[4]
Im Alter von vier Jahren lernte Tolkien lesen und verschlang die damals beliebten Kinderbücher, doch sein literarisches Vergnügen entdeckte er zunächst bei Homer.[4]
Biographie
John Ronald Reuel Tolkien wurde als Sohn des Bankangestellten Arthur Tolkien (1857–1896) und dessen Frau Mabel Suffield (1870–1904) im südafrikanischen Bournemouth geboren, wo die Familie aufgrund beruflicher Gründe des Vaters lebte.[Carpenter 1] Tolkien vermutete den Ursprung seiner Familie väterlicherseits in Sachsen bzw. Niedersachsen. Neuere Forschungen deuten eher darauf, dass dieser Familienteil aus Kreuzburg bei Königsberg in Ostpreußen stammt. Seine Vorfahren übersiedelten von dort im 18. Jahrhundert zunächst nach Danzig. Tolkiens Ururgroßvater Daniel Gottlieb Tolkien wurde dann in den 1770ern in London ansässig, vermutlich im Zusammenhang mit der Blockade Danzigs nach der Ersten Teilung Polens, und wurde 1794 eingebürgert.[5][6][2] Die meisten Vorfahren Tolkiens waren Handwerker. 1894 kam sein Bruder Hilary Arthur Reuel Tolkien zur Welt.
Kindheit
Jugendzeit
Studienzeit
Tolkien im Ersten Weltkrieg
Frühe Berufsjahre
Der Hobbit und Der Herr der Ringe
Ruhestand
Tod
Stammbaum
| John Suffield 1833–1930 | Emily Sparrow | John Benjamin Tolkien 1807(?)–1896 | Mary Jane Stowe 1834(?)–1915 | ||||||||||||||||||||||||||||||
| Walter Incledon | Edith Mary Suffield 1865–1936 | Mabel Suffield 1870–1904 | Arthur Tolkien 1857–1896 | ||||||||||||||||||||||||||||||
| Marjorie Incledon 1891–1973 | Mary Incledon 1895–1940 | Emily Jane Suffield 1872–1963 | |||||||||||||||||||||||||||||||
| Edith Bratt 1889–1971 | J. R. R. Tolkien 1892–1973 | Hilary Tolkien 1894–1976 | |||||||||||||||||||||||||||||||
| John Tolkien 1917–2003 | Michael Tolkien 1920–1984 | Christopher Tolkien 1924–2020 | Priscilla Tolkien 1929–2022 | ||||||||||||||||||||||||||||||
Trivia
Tolkiens Popularität führte dazu, dass verschiedene Namen und Begriffe aus seinen Werken Eingang in die Wissenschaft fanden, siehe Wissenschaftliche Benennungen nach Tolkiens Legendarium.
Werke
Eine vollständigere Liste findet sich unter Bibliographie Tolkiens.
- Der Hobbit (The Hobbit: or There and Back Again), 1937, dt. 1957.
- Blatt von Tüftler (Leaf by Niggle), 1945, dt. 1964.
- Bauer Giles von Ham (Farmer Giles of Ham), 1949, dt. 1975.
- Der Herr der Ringe (The Lord of the Rings), 1969/1970, erschienen in drei Bänden als
- The Fellowship of the Ring: being the first part of The Lord of the Rings 1954,
- The Two Towers: being the second part of The Lord of the Rings 1954,
- The Return of the King: being the third part of The Lord of the Rings 1955.
- Gedichtsammlung: Die Abenteuer des Tom Bombadil und andere Gedichte aus dem Roten Buch (The Adventures of Tom Bombadil and other verses from The Red Book). 1962.
- Der Schmied von Großholzingen (Smith of Wootton Major), 1967.
- Guide to the Names in The Lord of the Rings, in: A Tolkien Compass, postum 1975 (Anmerkungen zur Namensgebung in seinem Hauptwerk mit Übersetzungs-Empfehlungen).
- Die Briefe vom Weihnachtsmann (The Letters of Father Christmas), postum 1976, dt. 1977.
- Das Silmarillion (The Silmarillion), postum 1977, dt. 1978.
- Poems and Stories, postum 1980.
- Nachrichten aus Mittelerde (Unfinished Tales of Númenor and Middle-earth), postum 1980, dt. 1983.
- Herr Glück (Mr. Bliss), postum 1982, dt. 1983.
- Gute Drachen sind rar postum 1984.
- The History of Middle-earth postum 1983–1996, erschienen in zwölf Bänden:
- The Book of Lost Tales, Part I postum 1983, dt. Übersetzung in Das Buch der Verschollenen Geschichten, Teil 1;
- The Book of Lost Tales, Part II postum 1984, dt. Übersetzung in Das Buch der Verschollenen Geschichten, Teil 2;
- The Lays of Beleriand, postum 1985;
- The Shaping of Middle-earth, postum 1986;
- The Lost Road and Other Writings, postum 1987;
- The Return of the Shadow, postum 1988;
- The Treason of Isengard, postum 1989;
- The War of the Ring, postum 1990;
- Sauron Defeated, postum 1992;
- Morgoth’s Ring, postum 1993;
- The War of the Jewels, postum 1994;
- The Peoples of Middle-earth, postum 1996.
- Roverandom, postum 1998.
- Die Kinder Húrins (The Children of Húrin), postum 2007.
- Die Legende von Sigurd und Gudrún (The Legend of Sigurd and Gudrún), postum 2009.
- König Arthurs Untergang (The Fall of Arthur), postum 2013, dt. 2015.
- Die Geschichte von Kullervo (The Story of Kullervo), postum 2015, dt. 2018.
- Beren und Lúthien (The Tale of Beren and Lúthien), Anthologie, postum 2017.
- Der Fall von Gondolin (The Fall of Gondolin), Anthologie, posthum 2018.
- Natur und Wesen von Mittelerde (The Nature of Middle-earth), postum 2021.
- Der Untergang von Númenor (The Fall of Númenor), Anthologie, postum 2022.
- Die Bovadium Fragmente (The Bovadium Fragments), mit einem Essay von Richard Ovenden, postum 2025, dt. 2026.
Weiterführende Literatur
Es folgt eine Auswahl weiterführender Literatur, sowohl zu Tolkiens Leben als auch zu seinem Werk.[Geier 1]
Zur Biographie
- Humphrey Carpenter: J. R. R. Tolkien: Eine Biographie. Übersetzt von Wolfgang Krege. Klett-Cotta, Stuttgart 1979.
- Humphrey Carpenter: The Inklings: C. S. Lewis, J. R. R. Tolkien, Charles Williams, and Their Friends. Allen & Unwin, London 1978.
- Verlyn Flieger: A Question of Time: J. R. R. Tolkien’s Road to Faerie. Kent State University Press, 1997.
- Verlyn Flieger, Carl F. Hostetter (Hrsg.): Tolkien’s Legendarium: Essays on The History of Middle-earth. Greenwood Press, Westport 2000.
- John Garth: Tolkien und der Erste Weltkrieg: Das Tor zu Mittelerde. Übersetzt von Marcel R. Bülles und Birgit Herden. Klett-Cotta, Stuttgart 2014.
- Fabian Geier: J. R. R. Tolkien. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2009.
- Wayne G. Hammond und Christina Scull: The J. R. R. Tolkien Companion and Guide. Bd. 1 Chronology. HarperCollins, London 2006; Neuausg. 2017.
- John und Priscilla Tolkien: The Tolkien Family Album. HarperCollins, London 1992.
Zum Werk
- Michael D. C. Drout (Hrsg.): J. R. R. Tolkien Encyclopedia. Routledge, New York 2007.
- Karen Wynn Fonstad: Historischer Atlas von Mittelerde. Übersetzt von Hans J. Schütz. Klett-Cotta, Stuttgart 2001.
- Robert Foster: Das große Mittelerde-Lexikon. Übersetzt und überarbeitet von Helmut W. Pesch. Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 2002; Neuausg. 2012.
- Wayne G. Hammond: J. R. R. Tolkien: A Descriptive Bibliography. St Paul’s Bibliographies, Winchester 1993.
- Wayne G. Hammond und Christina Scull: The J. R. R. Tolkien Companion and Guide. Bd. 2 Reader’s Guide. HarperCollins, London 2006; Neuausg. 2017.
- Helmut W. Pesch: Das große Elbisch-Buch. Bastei Lübbe, Bergisch Gladbach 2009; Neuausg. 2025.
- Friedhelm Schneidewind: Das große Tolkien-Lexikon. Schwarzkopf, Berlin 2001.
- Tom Shippey: Der Weg nach Mittelerde: Wie J. R. R. Tolkien „Der Herr der Ringe“ schuf. Übersetzt von Helmut W. Pesch. Klett-Cotta, Stuttgart 2008.
- Tom Shippey: J. R. R. Tolkien: Autor des Jahrhunderts. Übersetzt von Wolfgang Krege. Klett-Cotta, Stuttgart 2002.
Periodika
- Cormarë Series. Zollikofen, 1996–.
- Michael D. C. Drout, Verlyn Flieger (Hrsg.): Tolkien Studies: An Annual Scholarly Review. West Virgina University Press, Morgantown 2004–.
- Thomas Fornet-Ponse (Hrsg.): Hither Shore. Jahrbuch der Deutschen Tolkien Gesellschaft e. V. Köln, 2004–2021; Oldib Verlag, Essen 2022–.
- Carl F. Hostetter (Hrsg.): Vinyar Tengwar. Zeitschrift der Elvish Linguistic Fellowship. Crofton 1988–.
- Mallorn. Jahrbuch der britischen Tolkien Society. 1970–.
- Mythlore. Jahrbuch der Mythopoeic Society. Altadena 1969–.
- Parma Eldalamberon. Zeitschrift der Elvish Linguistic Fellowship. Walnut Creek 1971–.
Links
- The Tolkien Estate
- The Tolkien Society
- Deutsche Tolkien Gesellschaft e. V.
- J. R. R. Tolkien in der Deutschen Nationalbibliothek
- HarperCollins (UK)
- Klett-Cotta
- J. R. R. Tolkien in der IMDb
- J. R. R. Tolkien in der Science Fiction Awards+ Database (englisch)
- Journal of Inklings Studies – akademische Zeitschrift über Tolkien und seinen literarischen Kreis (englisch)
- Friedhelm Schneidewind: Rassismus in Tolkiens Werk? (Präsentation, PDF; 308 kB)
- Tolkien: Die wahre Geschichte der Ringe auf YouTube, arte/ZDF, 2024
Quellen
- Carpenter
Humphrey Carpenter: J. R. R. Tolkien: Eine Biographie. Klett-Cotta, Stuttgart 2022. ISBN 978-3-608-98672-3. (Im Original erschienen 1977 unter dem Titel J. R. R. Tolkien: A Biography.)
- ↑ Teil II, Kapitel I Bloemfontein.
- Geier
Fabian Geier: J. R. R. Tolkien. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2009. ISBN 978-3-499-50664-2.
- ↑ Bibliographie, 2. Sekundärliteratur, S. 152 ff.
- Sonstige
- ↑ Maria Zielenbach: Die 10 größten Irrtümer über J.R.R. Tolkien – Deutsche Tolkien Gesellschaft e. V.. In: tolkiengesellschaft.de. 26. Juni 2019, abgerufen am 18. Oktober 2025.
- ↑ 2,0 2,1 Ryszard Derdziński: On J. R. R. Tolkiens Roots in Gdańsk. Aus dem Polnischen von Juliusz Żebrowski.
- ↑ Nigel Cawthorne: A Brief Guide to J. R. R. Tolkien: A comprehensive introduction to the author of The Hobbit and The Lord of the Rings. Little, Brown Book Group, Hachette UK, 2012 (books.google.de)
- ↑ 4,0 4,1 John Garth: Tolkien und der Erste Weltkrieg: Das Tor zu Mittelerde, Klett-Cotta, Stuttgart 2020, S. 31.
- ↑ Tolkien: Ash nazg gimbatul. Der Spiegel (Nr. 35), 25. August 1969.
- ↑ Humphrey Carpenter (Hrsg.): The Letters of J. R. R. Tolkien. Brief 165 an Houghton Mifflin Co. [1955], Brief 324 an Graham Tayar [1971].
