Quenya
Quenya ist im Legendarium die Sprache der Noldor und Vanyar.
Beschreibung
Eine Form der alten gemeinsamen elbischen Sprache, die die Elben in Valinor annahmen. Es wird erzählt, dass ein Teil der Noldor nach 3500 Jahren des Friedens Aman verließ und unter Feanor, dem Feuergeist, nach Mittelerde reisten. So wurde Quenya von den verstoßenen Noldor nach Mittelerde gebracht, jedoch nicht mehr zum alltäglichen Gebrauch benutzt (z. B. nur noch bei Zeremonien), besonders nach dem Verbot durch König Thingol, außer in Gondolin.
Quenya unterteilte sich in die Dialekte Vanyarin, gesprochen von den Vanyar, und Noldorin, gesprochen von den Noldor. Das Noldorin spaltete sich in weitere Dialekte auf, besonders durch das Exil der Noldor.
Bezeichnungen
Quenya bedeutet „Quendisch“, also Sprache der Quendi. Da Quendi wiederum „Sprechende“ bedeutet, kann Quenya auch allgemein „Sprache“ bedeuten. Üblicherweise wurde der Name aber nur für diese besondere Sprache verwendet, da das Wort lambe mit der Bedeutung „Sprache“ ebenfalls zur Verfügung stand. Tolkien übersetzte Quenya auch mit „Elbisch“, da er die Quendi der Einfachheit halber Elben nannte.
Quenya wurde in verschiedenen Sprachen und Dialekten wie folgt bezeichnet:
Weitere Bezeichnungen sind:
- parmalambë: „Buchsprache“
- tarquesta: „Hochsprache“
Tolkien nannte den Dialekt der Exilanten auch Eressëan oder Avallonisch, nach der Insel Tol Eressea, wo er gesprochen wurde. Er verwendete auch die Bezeichnung „Valinorisch“, da Quenya in Valinor entstand – dies sollte aber nicht zu Verwechslungen mit dem Valarin führen.
Qenya ist eine verworfene Schreibweise aus der Zeit vor der Veröffentlichung des Herrn der Ringe.
Interne Geschichte
Quenya ist eine sehr archaische Sprache, die einige Merkmale der Ursprache der Elben nie abgelegt hat. Allerdings unterlag auch sie einigem Wandel, sei es durch das Finden neuer Wörter durch die Noldor, durch die Beeinflussung durch das Valarin; oder auch das Wegfallen unbetonter Vokale und dem Aufbrechung von zahlreichen Konsonanthäufungen, um die Sprache geschmeidiger zu machen.
In Aman lernten und benutzten die Valar rasch diese Sprache, und es heißt, Melkor übertraf darin alle anderen.
Nach der Flucht der Noldor gelangte Quenya auch nach Mittelerde, wo es jedoch ziemlich bald zu einer reinen Zeremonialsprache wurde.
Aber bis ins Dritte Zeitalter hinein trugen die Nachfahren der Númenórer Quenya-Namen.
Externe Geschichte
Im Jahre 1915 erstellte Tolkien die erste elbische Wortliste, das "Qenya Lexicon". Tolkien arbeitete Zeit seines Lebens an dieser Sprache weiter, und so kam es zu zahlreichen Wandlungen.
Grammatik
Phonetik und Phonologie
Vokale
Quenya hatte 17 Vokale:
- zehn Monophthonge, darunter
- fünf kurze: i, e, a, o und u, sowie
- fünf lange: í, é, á, ó und ú;
- sieben Diphthonge: ui, oi, ai, iu, eu und au
Morphologie
Quenya ist eine agglutinierend-flektierende Sprache, das heißt es werden Suffixe (Nachsilben) an ein Wort angefügt um seine Funktion im Satz zu bezeichnen.
Nomen
Nomen werden in neun oder zehn Fällen und vier Numeri (Zahlen) gebeugt. Der Nominativ ist nicht gebeugt.
Die "normale" Mehrzahl (Plural) wird bei Wörtern, die auf -a, -i, -ie und -o enden, durch -r gekennzeichnet (z.B. alda Baum, aldar Bäume). Wörter, die auf einen Konsonanten oder -e enden, bekommen im Plural ein -i angehängt (bei Wörtern auf -e wird aus -ei am Wortende -i; z.B. lasse Blatt, lassi Blätter; elen Stern, eleni Sterne). Die Zweizahl (Dual) wird durch Anhängen von -t (von "ata",doppelt) gebildet, jedoch, falls das Wort im Stammauslaut ein "d" oder "t" besitzt, durch -ú(im Auslaut-u):máryat ihre beiden Hände, aber Aldu (die) beiden Bäume (Laurelin und Telperion).Der Dual existiert im Exil-Quenya aber nur noch bei paarweise auftretenden Körperteilen, z.B. peu Lippenpaar (unregelmäßiger Dual). Der Kollektiv(Vielzahl) wird durch Anhängen von -li gebildet.
Der Genitiv bezeichnet die Herkunft eines Objektes oder den Teil eines Ganzen. Er wird durch das Suffix -o gekennzeichnet, das einfach an das Wort angehängt wird (z. B. lasseo des Blattes, eleno des Sternes). Endet das Wort auf -a, wird -ao zu -o (z.B. alda Baum, aldo des Baumes). Der Plural wird mit Anhängen von -on an die Pluralform gebildet: aldaron der Bäume
Der Dativ wird durch das Suffix -n, Plural -in gebildet: aldan dem Baum. aldain den Bäumen.
Der Akkusativ hat die gleiche Form wie der Nominativ.
Der Possesiv wird ähnlich dem Genitiv verwendet, jedoch bezeichnet er den Besitzer. Die Endungen sind -va, Plural -ve: róma Oroméva Oromes Horn.
Der Instrumental (Womit?)wird mit dem Suffix -nen, Plural -inen gebildet: lassi lantar súrinen Blätter fallen im Wind/mithilfe des Windes.
Der Lokativ (wo?) wird durch den Suffix -sse, Plural -ssen ausgedrückt: ciryasse bei/auf einem Schiff.
Der Allativ (Wohin?) besteht aus der Endung -nna, Plural -nnar: Endorenna nach Mittelerde.
Der Ablativ (Woher?) Bildet man mit -llo, Plural -llor: aldallor von den Bäumen
Es existiert noch ein weiterer Fall, der Respektiv. Es wird vermutet, dass er eine Abwandlung des Lokativs in ähnlicher oder gleicher Bedeutung ist. Näheres ist hierüber jedoch nicht bekannt.
Adjektive
Adjektive stimmen mit dem Nomen, zu dem sie gehören, in der Zahl überein (Einzahl oder Mehrzahl). Hierbei kann gesagt werden, dass Adjektive auf
- -a die Mehrzahl auf -e (z.B. linta schnell, linte schnelle)
- -e auf -i (z.B. carne rot, carni rote)
- und -ea auf -ie bilden (z.B. laurea golden, laurie goldene).
Verben
Es kann generell zwischen zwei Arten von Verben unterschieden werden:
- A-Verben, so genannt weil der Stamm auf -a endet, z.B. lanta- fallen oder ranya- wandern.
- Stamm-Verben, so genannt weil der Stamm auf einen Konsonanten endet, z.B. quet- sagen, tul- kommen oder tir- sehen.
Es gibt fünf Zeiten: Aorist, Präsens, Präteritum, Perfekt und Futur.
- Aorist: A-Verben hängen einfach die Endungen an (lantanye ich falle, ranyalye ihr wandert). Stamm-Verben fügen ein -i- als Fugenvokal ein: quetinye ich spreche, tulitye du kommst, tirimme wir sehen.
- Präsens: A-Verben ersetzen ihr finales -a durch -ea und fügen die Endungen an: lanteanye ich falle, ranyeatye du wanderst. Stamm-Verben längen ihren Vokal und fügen die Personalendungen nach dem Fugenvokal -a- ein: quétanye ich sage, túlamme wir kommen, tíralve ihr seht.
- Präteritum: A-Verben fügen -ne und danach die Personalendungen an: lantanenye ich fiel, ranyanemme wir wanderten. Stammverben auf -r, -m oder -n fügen ebenfalls -ne an: tirnetye du sahst. Stammverben auf -l fügen -le an: tullenye ich kam. Stammverben auf -p, -t oder -c ersetzen diesen letzten Konsonanten durch -mpe, -nte bzw. -nce: quentelve ihr spracht.
- Perfekt: Bei allen Perfektformen wird der Stammvokal als Augment vor den Stamm gestellt. A-Verben ersetzten das finale -a durch -ie, A-Verben auf -ya ersetzen die ganze Endung: alantienye ich bin gefallen, araniemme wir sind gewandert. Stammverben fügen ebenfalls -ie an und längen ihren Stammvokal: equétietye du hast gesagt, utúlienye ich bin gekommen und itírielve ihr habt gesehen.
- Futur: Das Futur wird durch Anhängen von -uva gebildet (wieder wird bei A-Verben das finale -a verloren): lantuvatye du wirst fallen, quetuvanye ich werde sagen, tiruvamme wir werden sehen.
Pronomen
Ein großer Teil der Pronomen im Quenya – besonders die Personalpronomen – werden als Suffixe realisiert.
Subjektpronomen
Das Subjektpronomen gibt den Agens eines Verbs an, sofern dieser nicht extra genannt ist. (Vergleiche: Sauron schläft nicht. – Er schläft nicht., nicht *Sauron er schläft nicht.) Im Quenya existieren die Pronomen sowohl als Suffixe wie auch als freie Morpheme, also als Endungen und als eigenständige Wörter. Normalerweise werden eher die Suffixe verwendet.
Folgende Tabelle bietet eine Übersicht über einen großen Teil der bekannten Subjektpronomen (links jeweils die Suffixe, rechts die Pronomen):
Person | Singular | Dual | Plural | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|
1. | inklusiv[1] | -n(ye)[2] | ni | -ngwe | vet[3] | -lve[3] | ve[3] |
exklusiv[1] | -mme | met | -lme | me | |||
2. | höflich | -l(ye)[2] | lye | -ste | let | -lde | ?[4] |
vertraulich | -tye | tye | tyet | ||||
3. | belebt[5] | -s(e)[2] | se | -tte | tú[6] | -lte[7] | te |
unbelebt[5] | sa | tai |
- ↑ 1,0 1,1 Die inklusiven Plurale bedeuten, dass der Adressat im wir mit einbegriffen ist, die exklusiven schließen den Adressaten aus der Bedeutung des wir aus. (Beispiele für 1. Person Dual: Ein Ehemann sagt zu seiner Ehefrau: „Wir haben heute Hochzeitstag.“ – inklusiv; eine Ehefrau sagt zu ihren Kindern: „Wir haben heute Hochzeitstag.“ – exklusiv.)
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Wenn kein weiteres Suffix folgt, wird üblicherweise -n und -l verwendet; nur wenn noch weitere Suffixe affigiert werden, werden die vollständigen Formen -nye und -lye verwendet. -se wird praktisch immer zu -s verkürzt.
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Allomorphe zu diesen Suffixen sind wet, -lwe, we.
- ↑ Der Analogieschluss de scheint naheliegend.
- ↑ 5,0 5,1 Belebt sind nach der elbischen Konzeption alle Wesen, die hierarchisch über Pflanzen stehen – also Tiere, Elben, Menschen, Maiar, Valar, Drachen, ... – aber einschließlich der Pflanzen! Unbelebt ist dementsprechend alles, was sich hierarchisch tiefer befindet: Steine, Erde, Luft, ...
- ↑ Statt dem Dualpronomen tú kann auch das Pluralpronomen te verwendet werden, wie die Lobpreisung Frodos und Samweis’ auf dem Feld von Cormallen zeigt.
- ↑ Ein häufig auftretendes Allomorph (beziehungsweise eine alternative Form) von -lte ist -nte, wie sie etwa in Cirions Eid verwendet wird.
Die Suffixe können auch zu eigenständigen Pronomen erweitert werden, indem sie an den Vokal e- suffigiert werden. Allerding sind diese Formen nur spärlich belegt: bekannt sind inye, elye und emme. Diese Pronomen sind besonders emphatisch – vergleiche die Verwendung von elye in Namárie und die entsprechende Übersetzung.
Die eigenständigen Pronomen sind in der Tabelle in der unbetonten Form angegeben. Werden sie betont, so wird ihr Vokal gelängt – ni wird zu ní, tye zu tyé, ... Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Vokale der Dualpronomen nicht gelängt werden!
Der Unterschied zwischen einem betonten Subjektpronomen wie ní und einem emphatischen Pronomen wie inye sollte nicht vernachlässigt werden. Er lässt sich etwa wie folgt beschreiben: Ich nehme den Ring! – Ich und kein anderer nehme den Ring!
Objektpronomen
Die Informationen über die Objektpronomen sind höchst unvollständig. Offenbar treten auch diese jeweils als Suffix und als eigenständiges Pronomen auf. Belegt sind allerdings nur die Suffixe -s „3. Person Singular“ sowie -t „3. Person Plural“. Weiterhin findet sich noch das Pronomen sé „3. Person Singular“.
Offenbar können die Subjektpronomen lye, tye, se, sa, me, te und ta auch als Objektpronomen verwendet werden. Dabei sollte der Kontext allerdings ausreichend klar sein.
Quellen
- Quendi and Eldar
- Ardalambion
- Helmut W. Pesch/Elbisch