Sprachen: Unterschied zwischen den Versionen
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Bereits in der Kindheit nahmen für Tolkien Wörter die Stelle von Musik ein. Er genoss es, sie zu hören, sie vorzulesen oder zu rezitieren, ohne sich darum zu kümmern, was sie bedeuteten. Dabei war sein Gespür für charakteristischen Klang fremder Sprachen offensichtlich. Als er acht Jahre alt war, faszinierten ihn seltsame Namen auf Kohlewaggons, die die Vorliebe für das Walissiche erweckten.<ref> Garth, John. Tolkien und der erste Weltkrieg - Das Tor zu Mittelerde, Klett-Cotta 2020 S. 33f</ref> | Bereits in der Kindheit nahmen für Tolkien Wörter die Stelle von Musik ein. Er genoss es, sie zu hören, sie vorzulesen oder zu rezitieren, ohne sich darum zu kümmern, was sie bedeuteten. Dabei war sein Gespür für charakteristischen Klang fremder Sprachen offensichtlich. Als er acht Jahre alt war, faszinierten ihn seltsame Namen auf Kohlewaggons, die die Vorliebe für das Walissiche erweckten.<ref> Garth, John. Tolkien und der erste Weltkrieg - Das Tor zu Mittelerde, Klett-Cotta 2020 S. 33f</ref> | ||
Einige dieser Sprachen gehören zu verschiedenen Schaffensperioden, haben also geschichtsintern nie parallel existiert. Aus seiner frühesten Schaffensperiode wissen wir nur mit Sicherheit von seinen beiden wichtigsten Sprachen ''[[Goldogrin]]'' (Gnomisch) und ''[[Quenya]]'' ([[Elbisch (Sprache)|Elbisch]]), doch bereits in ''Lhammas'', der ausführlichen Schrift über die Sprachen seiner Welt aus den späten Dreißigern und ''Etymologies'', einer historischen Wortliste der selben Periode präsentiert Tolkien einen umfangreichen Sprachen-Stammbaum, der da beinhaltet (spätere Tabelle): | Einige dieser Sprachen gehören zu verschiedenen Schaffensperioden, haben also geschichtsintern nie parallel existiert. Aus seiner frühesten Schaffensperiode wissen wir nur mit Sicherheit von seinen beiden wichtigsten Sprachen ''[[Goldogrin]]'' (Gnomisch) und ''[[Quenya]]'' ([[Elbisch (Sprache)|Elbisch]]), doch bereits in ''Lhammas'', der ausführlichen Schrift über die Sprachen seiner Welt aus den späten Dreißigern und ''Etymologies'', einer historischen Wortliste der selben Periode präsentiert Tolkien einen umfangreichen Sprachen-Stammbaum, der da beinhaltet (spätere Tabelle): |
Version vom 29. Mai 2023, 17:14 Uhr
Es ist kein Geheimnis, dass J. R. R. Tolkien als Philologe als erstes damit begonnen hatte, Sprachen zu entwickeln, die er später in seine historische Kreation integrierte. Bereits in der Kindheit nahmen für Tolkien Wörter die Stelle von Musik ein. Er genoss es, sie zu hören, sie vorzulesen oder zu rezitieren, ohne sich darum zu kümmern, was sie bedeuteten. Dabei war sein Gespür für charakteristischen Klang fremder Sprachen offensichtlich. Als er acht Jahre alt war, faszinierten ihn seltsame Namen auf Kohlewaggons, die die Vorliebe für das Walissiche erweckten.[1]
Einige dieser Sprachen gehören zu verschiedenen Schaffensperioden, haben also geschichtsintern nie parallel existiert. Aus seiner frühesten Schaffensperiode wissen wir nur mit Sicherheit von seinen beiden wichtigsten Sprachen Goldogrin (Gnomisch) und Quenya (Elbisch), doch bereits in Lhammas, der ausführlichen Schrift über die Sprachen seiner Welt aus den späten Dreißigern und Etymologies, einer historischen Wortliste der selben Periode präsentiert Tolkien einen umfangreichen Sprachen-Stammbaum, der da beinhaltet (spätere Tabelle):
Valarin, Sprache von Melkor, Sprache von Aule, Sprache von Orome, Sprache der Valarindi, Zwergisch, Orkisch, Menschliche Sprachen, Primitive Quendian, Eldarin, Lemberin, Sprache der Laiqendi, Danian, Taliska, Lindarin (Telerin), (Exilic) Noldorin, Qenya, Kornoldorin (/Korolambe, Alt-Noldorin), Ossiriandeb, Ilkorin, Doriathrin, Falathrin und diverse Abarten, die von bestimmten Gruppen oder in bestimmten Gegenden gesprochen wurden.
Sprachen, zu denen Vokabular überliefert ist, die also nicht nur in dieser Liste erwähnt werden, um den Stammbaum klar zu machen, sondern wirklichen Anteil an der Geschichte hatten, sind hier fett hervorgehoben.
Zu Taliska und den in anderem Kontext erwähnten verwandten Sprachen Hvendi und Mork existieren Wortlisten und Grammatiken, die aber bis zum heutigen Tage nicht veröffentlicht wurden.
In seiner quasi finalen Konzeption, bekannt aus dem Herrn der Ringe, dem Silmarillion etc. ist die Geschichte der Sprachen Ardas mehr oder weniger wie folgt:
Durch die Zeitalter
Vor dem Ersten Zeitalter
Die Valar und Maiar steigen auf die Welt, die ist, hinab. Jetzt inkarniert tun sie das, was von Eru für jene vorgesehen ist: Sie entwickeln eine Sprache. Obwohl sie es nicht brauchen, sprechen sie untereinander ganz herkömmlich und physisch in Valarin, einer sehr konsonantenreichen und langatmigen Sprache (Beispiel: Aþaraphelûn DuÅ¡amanûðân - geschädigte Welt). Als Aule die Zwerge erweckt, gibt er ihnen möglicherweise eine eigene Sprache mit auf den Weg, Khuzdul, welche sich in all den Jahrtausenden fast nicht verändern wird.
Die Elben erwachen nun in Cuiviénen und entwickeln eine eigene Sprache, ganz wie es den Inkarnierten vorbestimmt ist, das sog. Primitive Quendian (Primitives Quendisch bzw. Elbisch; Beispiel: i ndêro kweti - der Mann spricht). Allerdings erkennt man in dieser Sprache einige Einflüsse vom Valarin, was sich darauf zurückführen lässt, dass in den ersten Jahren nach ihrem Erwachen Orome Schutzpatron und regelmäßiger Besucher war. Vermutlich spricht der dritte Stamm der Teleri bereits jetzt einen leicht unterschiedlichen Dialekt.
Einige der Elben brechen nunmehr gen Westen auf, man nennt sie die Eldar, ihre Sprache das Common Eldarin ((all)gemeines Eldarin = Gemein-Elbisch; Beispiel: i ndær kwet? - der Mann spricht). Die Teleri aber sprechen den Dialekt des sog. Common Telerin (Gemein-Telerin), welcher sich durch Lautverschiebungen definiert (Beispiel: i ndær peti - der Mann spricht). Die zurückgebliebenen Avari gehen getrennte Wege und entwickeln bald viele verschiedene Sprachen, über die fast nichts bekannt ist und die oft einfach unter Avarin zusammengefasst werden. Die Namen von sechs bekannten Völkern lassen sich aber allesamt auf das Wort KWENDE (Urelbisch für "Elben") zurückführen.
An der Westküste Mittelerdes trennen sich die Wege nun erneut: Die Common Eldarin sprechenden Vanyar und Ñoldor gehen nach Valinor und ihre Sprache entwickelt sich zu Quendya (sic!), was sich bei den Vanyar fast nicht verändert und einiges aus dem Valarin übernimmt. Bei den Ñoldor jedoch sagt man bald Quenya und weitere lautliche Vereinfachungen werden durchgeführt, zum Beispiel die Veränderung von TH zu S, gegen die sich Fëanor vehement aussprach (Beispiel: i nér quete - der Mann spricht). Diese Mutation war hauptsächlich bei den Exil-Noldor verbreitet. Die Teleri, die nach Valinor gehen, sprechen bald das, was man schlicht Telerin nennt (Beispiel: i d?r pete - der Mann spricht); bei jenen, die in Mittelerde zurückbleiben, entwickelt sich das, was man später Alt-Sindarin nennt (Beispiel: i nd?r petæ - der Mann spricht).
Erstes Zeitalter
Die meisten Noldor kehren nach der Revolte und dem Brudermord nach Mittelerde zurück und treffen dort auf die Grauelben, die gerade die Phase des Alt-Sindarin verlassen und sich zu modernem Sindarin aufmachen. (Es haben sich bereits verschiedenartige Dialekte entwickelt (Details im Sindarin-Artikel; Beispiel: i-ndîr pêd - der Mann spricht.) Bald tauchen die Laiquendi, die Grünelben, in Ossiriand auf, eine große Gruppe von Teleri, die sich bereits auf dem Marsch nach Westen vor dem Nebelgebirge von ihren Brüdern getrennt hatten. Sie sprechen Nandorin (Beispiel: golda dac yrc - ein Ñoldo tötet Orks), wie auch ihre noch immer am Nebelgebirge lebenden Verwandten, doch wie die Ñoldor lernen auch sie bald Sindarin und benutzen es als allgemeine Verkehrssprache (König Thingol verbietet den Gebrauch von Quenya und die Sprache seiner Anhänger wird bald bekannt als Doriathrin). Als die Elben auf die Baumhirten, die Ents, stoßen, erwecken sie in ihnen die Lust an der Sprache, und diese lernen die elbischen Sprachen; und obwohl sie mit Entisch auch eine eigene, unglaublich langatmige (schriftlich quasi nicht fest zu haltende) Sprache entwickeln, benutzen sie stets gerne auch Quenya in einer ihnen eigenen Art und Weise.
Die bereits erwachten Zwerge sprechen nun ihre erwähnte eigene Sprache ungewisser Herkunft (Beispiel: khazâd ai-mênu - die Zwerge auf Euch); und eine Unterart tritt auf, die NÅ“gyth-Nibin oder Kleinzwerge, die einen eigenen Dialekt des Khuzdul sprechen.
Mit Beginn des Ersten Zeitalters waren des weiteren die ersten Menschen in Hildórien erwacht und hatten verschiedene Sprachen entwickelt. Als sie nun auf die Elben treffen, sprechen sie mit Taliska, Mork und Hvendi Sprachen, die sowohl zwergische als auch verschiedenartigste urelbische Einflüsse zeigen; die Menschen haben offensichtlich das Sprechen nicht von allein gelernt. Auch sie übernehmen Sindarin als gemeine Verkehrssprache. Bereits zu dieser Zeit müssen Menschen nicht nur in den Norden Mittelerdes, sondern auch in den Süden siedeln und dort eigene Sprachen entwickeln, die erst im dritten Zeitalter bekannt werden sollen.
Über die Kreaturen Morgoths, die Orks, Drachen, Balrog etc. ist bezüglich Sprache nichts konkretes überliefert; aber nicht selten wird von Dialogen mit Mensch oder Elb berichtet, also müssen auch sie das Sindarin erlernt haben. Es heißt, dass Morgoth seine dunklen Kreaturen eine eigene selbstentwickelte Sprache lehrte, doch diese ging bald verloren.
Zweites Zeitalter
Die Menschen in Númenor fahren fort, Sindarin zu sprechen, bis dies schließlich kritisch betrachtet und nur von den Elendili, den Elbenfreunden, gepflegt wird. Aus den alten menschlichen Sprachen, die sie nie vergessen hatten, entwickelt man eine eigene númenórische Sprache, Adûnaïsch (Beispiel: bâ kitabdahê! - Fass mich nicht an!). Adûnaïsch ist sehr stark ans Zwergische angelehnt und der Beweis für den starken Kontakt zwischen den beiden Völkern im fernen Osten noch vor dem ersten Kontakt mit den West-Elben. Unter Menschen und Elben ist Quenya zu einer toten Sprache der Gelehrten geworden.
Die Elben Beleriands sprechen einheitlich Sindarin; doch trifft man auch auf die Waldelben des großen Grünwaldes und Lóriens, die wohl Blut der Nandor und Avari in sich vereinen und mit ihrem Silvan (zu deutsch etwa "Waldisch") eine eigene, jedoch hauptsächlich aus Nandorin bestehende Sprache sprechen. Auch sie übernehmen das Sindarin, woraus aber unter dem Einfluss ihrer eigenen Sprache ein teils sehr schwer verständlicher Dialekt wird.
Die der Vernichtung von Númenor entflohenen Elbenfreunde siedeln in Gondor und Arnor und bringen ihre númenórische Sprache nach Mittelerde, wo sie sich zu Westron entwickelt (Adûni in der eigenen Sprache, Annúnaid in Sindarin; Beispiel: Banazîr Galbasi - Samwise Gamdgee).
Sauron entwickelt seine eigene Sprache für seine Untertanen, die Schwarze Sprache, zu der keine Bezeichnung in irgendeiner Sprache dieser Zeit bekannt ist. Doch er versagt mit diesem Vorhaben, die meisten seiner Kreaturen sind zu dumm oder faul, sprechen die Gemeinsprache und übernehmen nur wenig aus Saurons Kreation. Nur seine höchsten Würdenträger und die Úlairi (Nazgûl in der eigenen Sprache) sprechen sie fließend (Beispiel: snaga u bagronk! - der Sklave in die Dunggrube!). (Eine andere Theorie besagt, dass die Schwarze Sprache hauptsächlich für Flüche und Beschimpfungen geeignet war und weniger für den täglichen Umgang.)
Drittes Zeitalter
Mit dem Schwinden der Elben wird auch Sindarin mehr und mehr zu einer vergessenen Sprache; das Westron setzt sich als Gemeinsprache durch und wird in der eigenen Sprache nun als Sôval Phâre (Allgemeine Sprache) bezeichnet. Viele Menschenstämme, die im Ersten Zeitalter nicht nach Beleriand gegangen waren, treten auf, besonders im Norden und in Dunland, alle mit eigenen Sprachen oder doch zumindest Dialekten.
Das Reich von Rochand (später Rohan) wird gegründet; dort spricht man einen altertümlichen Dialekt, der ähnlicher Herkunft sein muss wie die Sprachen, die letztlich zum Westron führten. (Tolkien "übersetzte" Westron ins Englische und Rohirrisch ins Angelsächsische, um die Verwandtschaft klar zu machen.) Auch menschlichen Ursprungs sind die Hobbits; ihre Verwandtschaft zu den Rohirrim lässt sich auf sprachlicher Ebene am besten nachvollziehen (die Hobbits nennen sich kuduk, in Rohan werden sie als kud-dûkan bezeichnet). Die Hobbits übernehmen völlig das Westron, behalten aber manche ihrer eigenen Wörter (nun ungewisser Herkunft).
Selbst die intelligenteren Tiere und Kreaturen Saurons verstehen und sprechen Westron. (Einige Worte der schwarzen Sprache haben sich jedoch bei den ansonsten Westron sprechenden Orks eingebürgert, und die neu gezüchteten Kampftrolle (Olog-hai) sprechen tatsächlich nichts anderes als Saurons dunkle Erfindung.)
Obwohl man in Gondor das Sindarin noch immer hoch in Ehren hält und viel nutzt, wird es doch mehr und mehr zu einer Buchsprache, wie Quenya es seit langem ist.
Eine Sprache hat sich völlig durchgesetzt.
Weblinks zu den Sprachen Mittelerdes
- Science and fiction - hervorragende Grammatikanalysen etc. (Thorsten Renk)
- The Elvish Linguistic Society - Tolkiens Sprachnachlass-Verwalter
- Sindarin-Lexikon - deutsche Sindarin-Grammatik (Christian Buzek, Florian Dombach)
- Ardalambion - gute Artikel und Übersichten zu Tolkiens Sprachen (Helge Fauskanger)
- Gwaith-i-Phethdain - Gedichte, Elbisch in den Filmen, Grammatik,... (Ryszard Derdzinski)
- Mellonath Daeron - interessante Artikel zu verschiedensten Aspekten von Tolkiens Sprachen
- ↑ Garth, John. Tolkien und der erste Weltkrieg - Das Tor zu Mittelerde, Klett-Cotta 2020 S. 33f