Gabriel Turville-Petre

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Edward Oswald Gabriel Turville-Petre (* 25. März 1908; † 17. Februar 1978) war ein englischer skandinavistischer Mediävist.[WP 1]

Biographisches

Nach dem Besuch des Ampleforth College studierte Gabriel Turville-Petre Englisch in Oxford und schloss 1931–4 unter Tolkiens Betreuung mit einem B.Litt. ab. Im Rahmen seines Postgraduiertenstudiums unterrichtete er im Trinity Term 1933 in Vertretung für Tolkien eine Klasse in Altnordisch.

Zur Vertiefung seiner Studien reiste er häufig nach Island und in andere nördliche Länder. Von 1936 bis 1938 war er Dozent für Englisch an der Universität von Island und von 1935 bis 1950 Honorardozent für modernes Isländisch an der Universität von Leeds.[S&H RGII 1]

1943 heiratete Turville-Petre Joan Elizabeth Blomfield in Anwesenheit von Tolkien und seiner Frau.[S&H RGII 2]

Bibliograpisches

Tuville-Petre veröffentlichte viele Schriften, darunter "The Heroic Age of Scandinavia" (1951), "Origins of Icelandic Literature" (1953; 2. Auflage 1967), eine erweiterte Ausgabe von "Víga-Glúms Saga" (1960), "Myth and Religion of the North" (1964) und Artikel für das "Saga-Book" der Viking Society for Northern Research, dessen Mitherausgeber Turville-Petre von 1939 bis 1963 war. Außerdem verfasste er einen Aufsatz über den Ortsnamen Thurstable in Essex.[S&H RGII 3]

Eine Bibliografie der Schriften von Turville-Petre, zusammengestellt von seiner Frau Joan, wurde veröffentlicht in Speculum Norroenum: Norse Studies in Memory of Gabriel Turville-Petre, hrsg. von Ursula Dronke et al. (1981).[S&H RGII 4]

Turville-Petre verstarb am 17. Februar 1978.

Turville-Petre und die Familie Tolkien

E.O.G. Turville-Petre stand mit der Familie Tolkien vor allem in einem beruflichen Kontext an der Universität in Verbindung. Diese Beziehung begann um 1931. Am 30. Oktober 1931 wurde Tolkien vom Prüfungsausschuss als Betreuer des B.Litt.-Studenten auf Probe E.O.G. Turville-Petre von Christ Church ernannt. Am 4. März 1932 bescheinigte Tolkien, dass Turville-Petre einen Studiengang absolviert habe, der ihn auf wissenschaftliche Forschung vorbereite, und empfahl ihn als B.Litt.-Studenten. Seine Abschlussarbeit sollte den Titel „Eine Ausgabe der Víga-Glúms Saga aus den Manuskripten, mit Einleitung und Anmerkungen“ tragen. Am 11. März 1932 wurde Tolkien erneut als Betreuer bestätigt; diese Tätigkeit setzte sich über die folgenden Semester bis 1934 fort.[S&H 1]

Ende April 1933 begann das Trinity-Semester, und Turville-Petre hielt am 27. April anstelle von Tolkien eine Vorlesung über Altnordisch. [S&H 2] Am 1. März 1934 bescheinigte Tolkien, dass Turville-Petre die Kursarbeit für seinen B.Litt. abgeschlossen hatte. Acht Tage später wurden Tolkien und E.V. Gordon zu Prüfern der B.Litt.-Arbeit bestellt. Die Prüfung von Turville-Petre fand am 26. Mai 1934 um 12:00 Uhr in den Examination Schools statt. Am 28. Mai 1934 unterzeichneten Tolkien und E.V. Gordon ihren Prüfungsbericht, der von Tolkien verfasst worden war.[S&H 3]

Turville-Petres Dissertation, eine Ausgabe der Víga-Glúms Saga aus dem 13. Jahrhundert, wurde 1940 in der Reihe Oxford English Monographs veröffentlicht, deren Herausgeber Tolkien war. Im Vorwort schrieb Turville-Petre[S&H RGII 5]:

„Es ist schwer, all das zu überschätzen, was ich Professor Tolkien zu verdanken habe; seine Sympathie und Ermutigung waren stets vorhanden, und während der gesamten Arbeit habe ich von seinem umfangreichen Wissen profitiert.“

– J. R. R. Tolkien

Am 3. Mai 1938 schrieb Kenneth Sisam von der Oxford University Press an Tolkien. Sie hatten Turville-Petres Ausgabe der Víga-Glúms Saga, die auf seiner B.Litt.-Arbeit von 1934 basierte, zur Veröffentlichung in der geplanten Reihe Oxford English Monographs vorliegen, es kam jedoch zu einer Verzögerung, da die Druckerei spezielle Zeichen für den isländischen Schriftsatz beschaffen musste. Ende Mai/Anfang Juni 1938 traf Tolkien Turville-Petre vermutlich, bevor dieser nach Island aufbrach, und besprach mit ihm seine bevorstehende Ausgabe der Víga-Glúms Saga. Diese erschien mit einiger Verzögerung 1940 als erster Titel der Reihe [S&H 4].

Am 26. August 1941 wurde Turville-Petre für eine Amtszeit von sieben Jahren ab dem 1. Oktober 1941 auf die Vigfússon-Professur für altisländische Literatur und Altertümer gewählt. Im Wahlausschuss saßen Tolkien, Boyd, Chambers, E.V. Gordon, Nichol Smith und Charles Talbut Onions. Die Amtszeit wurde im April 1948 und März 1955 jeweils für weitere sieben Jahre verlängert, jeweils auch mit Tolkiens Zustimmung [S&H 5].

Am 22. April 1943 schickte Turville-Petre Tolkien, vermutlich auf dessen Bitte hin, zwei isländische bzw. altisländische Versionen des Vaterunsers und wies darauf hin, dass einer dieser Texte seiner Ansicht nach die älteste erhaltene isländische Version darstelle. Er kündigte an, in den folgenden Tagen weitere Versionen zu übermitteln. [S&H 6]

Im Januar 1944 beriet sich Tolkien mit Turville-Petre über eine mündliche Prüfung, die in Cardiff stattfinden sollte.[Bri 1][S&H 7]

In einer Vorstandssitzung am 16. März 1945 berichtete Tolkien über vorläufige Gespräche über eine vorgeschlagene dreiseitige Vereinbarung mit Cambridge und London zum Unterricht skandinavischer Sprachen und erhielt die Ermächtigung, diese Gespräche zusammen mit Turville-Petre fortzusetzen.[S&H 8]

Christopher Tolkien wurde im Dezember 1949 als Vollzeitstudent für den Bachelor of Literature zugelassen; sein Betreuer war Turville-Petre.[S&H 9]

Im Mai 1953 wurde beschlossen, beim Generalrat die Verleihung des Professorentitels an Turville-Petre zu beantragen, solange er die Vigfússon-Lehrstelle innehatte. Tolkien und C.L. Wrenn wurden gebeten, eine unterstützende Erklärung zu verfassen. Der Generalrat folgte dem Antrag im Juni. Ende 1961 beschloss das Wahlgremium per Briefwahl, einschließlich Tolkien, Turville-Petre erneut in dieses Amt zu berufen.[S&H 10]

Turville-Petre beteiligte sich neben einundzwanzig weiteren ehemaligen Schülern, Freunden und Kollegen an der Festschrift zu Ehren Tolkiens, in Anerkennung seiner Beiträge zur englischen Philologie und mittelalterlichen Literatur. Sein Beitrag in English and Medieval Studies Presented to J.R.R. Tolkien on the Occasion of his Seventieth Birthday trug den Titel „Thurstable“. Die Festschrift wurde von Norman Davis und C.L. Wrenn herausgegeben, heimlich vorbereitet und Ende 1962 von Allen & Unwin veröffentlicht.[S&H RGI 1]

Turville-Petre in den Tolkien Briefen

Edward Oswald Gabriel Turville-Petre (Turville Petre) wird in den veröffentlichten Briefen mehrfach erwähnt. Im Brief 28 spielt Tolkien auf Turville-Petre an, in dem er von einem "Autor, der sich im Ausland aufhält" spricht, ihn aber nicht beim Namen nennt. Eine weitere Erwähnungen ist im Brief 55.

Quellen


Carpenter

J. R. R. Tolkien: Briefe. Ausgewählt und herausgegeben von Humphrey Carpenter mit der Hilfe von Christopher Tolkien. Vierte Auflage, Übersetzt von Wolfgang Krege. Klett-Cotta, Stuttgart 2021.

  1. "Briefe S. 91"
Hammond & Scull

Wayne G. Hammond, Christina Scull und J. R. R. Tolkien: The J. R. R. Tolkien Companion and Guide: Volume 1: Chronology (Chron.), revised and expanded edition, (Boxed Set), HarperCollins, London 2. November 2017,

  1. Chron., S. 171, 174, 182, 185
  2. Chron., S. 180
  3. Chron., S. 185, 187
  4. Chron., S. 230, 251
  5. Chron., S. 265, 352, 475
  6. Chron., S. 180
  7. Chron., S. 277
  8. Chron., S. 306
  9. Chron., S. 375
  10. Chron., S. 421, 612

Wayne G. Hammond, Christina Scull und J. R. R. Tolkien: The J.R.R. Tolkien Companion and Guide Volume 2: Reader's Guide Part I A-M, revised and expanded edition, (Boxed Set), Harper Collins London, 2. November 2017

  1. Scull & Hammond, Reader's Guide I., S. 339

Wayne G. Hammond, Christina Scull und J. R. R. Tolkien: The J. R. R. Tolkien Companion and Guide Volume 2: Reader's Guide Part II N-Z, revised and expanded Edition, (Boxed Set), Harper Collins Publ. UK; London 2. November 2017

  1. Scull & Hammond, Reader's Guide II., S. 1302
  2. Scull & Hammond, Reader's Guide II., S. 1302
  3. Scull & Hammond, Reader's Guide II., S. 1302
  4. Scull & Hammond, Reader's Guide II., S. 1302
  5. Scull & Hammond, Reader's Guide II., S. 1302
Wikipedia
  1. "Gabriel Turville-Petre" abgerufen am 11.09.2025