Horus Engels

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Horus Engels, eigentlich Richard Engels, geboren am 22. Februar 1914 in London, Vereinigtes Königreich, gestorben am 24. Oktober 1991 in Wolfsburg, war ein deutscher Kunstmaler, Bildhauer und Illustrator.

Kurzbiographie

Burg Neuhaus in Wolfsburg, unweit der Burganlage hatte Engels sein Atelier in einem Gutshof (Foto: Axel Hindemith).

Richard Engels kam als Sohn eines deutschen Vaters und einer dem preußischen Hochadel entstammenden Mutter zur Welt.[1] Seine Jugend verbrachte er in Berlin und studierte in Paris. Sein künstlerisches Talent zeigte sich bereits während seiner Schulzeit, doch nur in Cartoons und kleinen Kritzeleien. Er wandte sich der Wirtschaft zu und arbeitete schließlich als Assistent des Aufsichtsrates der Firma Siemens.

Während des Zweiten Weltkriegs geriet er für sieben Jahre in russische Kriegsgefangenschaft. 1948 begann Engels schließlich seine Karriere als freischaffender Künstler. Er lebte und arbeitete vor allem in Wolfsburg, wo er auch seine niederländische Frau kennenlernte, mit der er zwei Kinder hat; Marleen Hesse und Wolfgang Hesse. Wolfgang Hesse arbeitet in Kalifornien als Architekt.

Engels war in erster Linie Kunstmaler, Bildhauer und Illustrator und hatte sein Atelier seit 1976 in einem alten Gutshof, unweit der Burg Neuhaus in Wolfsburg, wo er vor allem für die Öffentlichkeit wirkte. Richard Engels malte nicht abstrakt, sondern äußerst gewissenhaft und genau, weshalb er eher im Sinne junger „Pop-Romantiker“ mit sehr kräftigen Farben malte:

Dennoch ist Richard Horus Engels ein Romantiker, der die Realität ins Märchenhafte verklärt und ihr damit eine neue Dimension verleiht, sie aus dem linearen Zeitlauf nehmend, ins Universelle, Unendliche einbettend.

—” Hans-Adelbert Karweik: Glück findet sich fern vom Geschäft (Wolfsburger Nachrichten vom 29.03.2008).

Der Engelshof, wie der Gutshof heute heißt, in dem Horus Engels zu Lebzeiten tätig war, beherbergt heute ein Hotel, dass früher von Engels' Tochter Marleen Hesse und ihrem Mann geführt wurde. Es versteht sich bis heute als dauerhafter Ausstellungsort für Werke des Künstlers.[2]

Er widmete sich auch der Pfadfinderei und gründete in Wolfsburg die Pfadfindergruppe „Waldkäuze“.

Richard Engels war Mitglied der Subud-Organisation (Susila - Budhi - Dharma), wobei SUBUD ein Symbol für die Möglichkeit des Menschen ist, den richtigen Weg im Leben zu gehen.[3] 1958 kam Engels zum ersten mal in Kontakt mit dieser Bewegung und engagierte sich bald schon stark dafür. Engels wurde schnell zu einem bedeutenden Mitglied. Er war Vorsitzender des ISC (International Subud Committee) von 1971 bis 1975 und dann von 1983 bis 1989 Vorsitzender der SICA (Subud International Cultural Association).Horus Engels starb in Wolfsburg und wurde auf dem Friedhof Neuhaus beigesetzt.

Der kleine Hobbit

Horus Engels berichtete später, wie er J. R. R. Tolkiens The Hobbit am Ende des Zweiten Weltkrieges kennenlernte:

Ein junger Engländer, Ullin Place, er stammte aus Oxford und war Quäker. Er fuhr einen Sanitätskraftwagen der englischen Besatzungsarmee und versorgte das Gefangenenlager in Wolfsburg. Eines Tages drückte er mir den »Hobbit« von Tolkien in die Hand, und damit begann für mich ein großes Abenteuer. Wolfsburg wurde verzaubert. Die großen Wälder belebten sich mit Tolkiens Gestalten. Hinter den großen Eichen des Nordwaldes lugten Elfen hervor, Bilbo Baggins schien in einem gemütlichen niedersächsischen Hof zu wohnen und der nahe Harz mit seinen Felsklippen erinnerte an die drohenden Nebelberge.

—” Horus Engels/Dr. Georg Bitter: Der kleine Hobbit im Georg Bitter Verlag, in: Tolkien Times (9. September 1991), S. 7.

Walter Scherf (1920–2010), der erste deutsche Übersetzer von J. R. R. Tolkiens The Hobbit.

1945 oder 1946 nahm Horus Engels brieflichen Kontakt zu J. R. R. Tolkien auf. Thema war in erstes Linie eine deutsche Übersetzung des Hobbits. Im Department of Special Collections an der Marquette University in Milwaukee, Wisconsin, ist einer der Briefe von Engels erhalten, den er Tolkien am 1. November 1946 auf Deutsch schrieb.

Dieser Brief, der in roter Tinte geschrieben ist, enthält zwei größere Illustrationen, sowie zwei seperierte Figuren in Aquarell. Dargestellt sind die drei Trolle, sowie das Treffen von Bilbo Beutlin mit Gollum. Etwas kleiner sind auch Gandalf und ein Zwerg ausgeführt.

In diesem Brief schreibt Horus Engels unter anderem über seine Inspirationsquellen, seine Illustrationen und besonders über seinen Wunsch einer baldigen deutschen Veröffentlichung von The Hobbit.

Am 7. Dezember 1946 schrieb Tolkien daraufhin in einem Brief an Stanley Unwin, dass er bedaure, dass Engels sich nicht als Übersetzer anbieten würde. Zu den Illustrationen äußerte er, dass sie, wie nicht anders erwartet, zwar eine gewisse Qualität besäßen, aber ihn zu sehr an Walt Disney erinnern würden.

Über weiteren Briefkontakt zwischen Horus Engels und J. R. R. Tolkien, ist nichts bekannt.

Horus Engels überzeugte schließlich den Literaturforscher Walter Scherf, den Hobbit ins Deutsche zu übersetzen. Beide hatten sich Mitte der 1950er Jahre getroffen, als Engels mit seiner Pfadfindergruppe unterwegs war und eines Abends aus dem Stegreif ein Buch mit dem Titel The Hobbit übersetzte.[4] Engels sprach Scherf kurz darauf an und bat ihn, diesen Roman zu übersetzen. Walter Scherf lehnte zunächst ab, da seiner Meinung nach, sein Französisch besser wäre, als sein Englisch, ließ sich aber schließlich überzeugen.

Horus Engels' Illustrationen erschienen schließlich 1957 in der ersten deutschen Ausgabe des Hobbits im Paulus Verlag, Recklinghausen, unter dem Titel Kleiner Hobbit und der große Zauberer. Laut Scherf, porträtierte Engels ihn dabei auf dem Cover als Gandalf.[5]

Werke (Auswahl)

  • 1954: Horus Engels ist in den Bau der St.-Marien-Kirche in Wolfsburg-Fallersleben involviert und malt an den Westgiebel ein Bildnis des Erzengles Michael, dem zweiten Schutzpatron der Kirche.
  • 1957: Für die Ferdinand-Porsche-Realschule malt er ein 50 Meter langes Wandgemälde, welches durch schludrige Maurerarbeiten zerstört wurde. 1988 wurde das Wandgemälde von den Künstlern Magda Ossé und Arnold Landen auf einer 20 Meter langen Leinwand rekonstruiert.
  • 1958: Engels stellt die Räte und Politiker der Stadt in einer freskenhaften Karikatur als mittelalterliches Bankett dar, das Bild befindet sich im Neuen Rathaus von Wolfsburg.
  • 1965: Horus Engels malt den zehnteiligen Bilderzyklus über Grimms Märchen, vom Fischer und seiner Frau über Frau Holle und die Gänseliesel bis zum Wasser des Lebens. Seit 2002 sind die Märchenbilder, nach der Restaurierung Arnold Landen, wieder in der Deutsch-Italienischen Gesamtschule zu sehen.
(Bei ihnen) hat Engels Raum und Zeit aufhebend, sehr plastische, konkrete, sogar naiv wirkende Mensch- und Tierdarstellungen mit imaginären, vom realen Ort losgelösten Gebäuden, Schlössern und Landschaften verbunden. [...] Sie sind Symbole der Reifung junger Menschen, der Überwindung des Bösen, der Toleranz, der Demut und Selbstachtung.

—” Hans-Adelbert Karweik: : Szait, Pape, Engels – Arbeiten für die Schüler (Wolfsburger Nachrichten vom 02.07.2008).

  • 1980: Engels verarbeitet das norddeutsche Märchen Der Fischer und seine Frau (Der Fischer un seine Frau, de Ilsebill) zu einem Brunnen mit großen Bronzefiguren, in der Nähe von Hamburg.

Illustrierte Bücher (Auswahl)

  • Hanns Vogts: Robinson am Rhein. Darmstadt 1951.
  • Georges Duhamel: Die Passagiere der Hoffnung. Erzählung aus dem Atomzeitalter. Übersetzung W. M. Lüsberg. Recklinghausen 1955.
  • Johannes Wibert: Der Mann mit dem Hut. Recklinghausen 1956.
  • Walter Scherf: Zeltpostille: Geschichten und Lieder. Liederillustrationen von Heinz Aulig. Recklinghausen 1956.

Externe Links

Anmerkungen

  1. Hans-Adelbert Karweik nennt seine Eltern im Artikel in den Wolfsbruger Nachrichten allerdings einen Amerikaner und eine Deutsche. Während die hier gewählte Angabe auf Hermina Dobson und ihre Biographie des Künstlers zurückgeht.
  2. Über den Engelshof (abgerufen am 28.08.2020)
  3. Zur Bedeutung und den Zielen dieser Vereinigung, siehe subud.org (abgerufen am 21.03.2013)
  4. Die Umstände dieser Begebenheit schilderte Walter Scherf später verschieden: 1991 berichtete er, er habe Horus Engels im Sommer 1956 aus geschäftlichen Gründen aufsuchen müssen, da dieser die Illustrationen für die deutsche Ausgabe von Georges Duhamels Die Passagiere der Hoffnung zu liefern hatte, die schnellstmöglich in Druck gehen sollte. 2005 erzählte er jedoch, beide hätten sich kurzen nach dem Krieg in der „Großen Jurte“ der Deutschen Jungenschaft des 1.11. im Wartgau getroffen.
  5. In Erinnerung an Walter Scherf auf macrobee.de (abgerufen am 29.11.2010)

Quellen

  • Tolkien Times. Zum 100. Geburtstag von J. R. R. Tolkien: 1892–1973 (9. September 1991).
  • J. R. R. Tolkien und Douglas A. Anderson: The Annotated Hobbit.
    • Chapter VII: Queer Lodgings (p. 175).
    • Chapter VIII: Flies and Spiders (p. 223).
    • Chapter IX: Barrels Out of Bont (p. 232).
  • J. R. R. Tolkien: Briefe. Herausgegeben von Humphrey Carpenter.
    • Brief #107: Aus einem Brief an Sir Stanley Unwin (7. Dezember 1946).
  • Wolfsburger Nachrichten vom 29.03.2008 und 02.07.2008.
    • Artikel: Glück findet sich fern vom Geschäft und Szait, Pape, Engels – Arbeiten für die Schüler von Hans-Adelbert Karweik.